Erweiterte Rechte für Plattenproduzenten

Sie scheint nur eine weitere EU-typische, praxisferne Detailregelung von vielen zu sein – und hat doch weit reichende Bedeutung für Musiker, Musikkonsumenten, DJs und Sampling: Die kommende Verlängerung der Schutzfristen für Leistungsschutzrechte.

Ein Vorstoß der EU, der kurz vor der Umsetzung steht, wird die Rechtslage erheblich verändern: Bisher haben Interpreten und Plattenfirmen/CD-Hersteller (im Urheberrecht heißen sie Tonträgerhersteller) für 50 Jahre nach Erscheinen des Titels das sog. Leistungsschutzrecht auf die von ihnen veröffentlichten Plattenaufnahmen. Dieses Recht erlaubt den Herstellern die alleinige Verwertung der Aufnahmen. Nach Auslaufen des Rechts können sie dagegen Kopien oder downloads nicht mehr wegen Verletzung der Leistungsschutzrechte untersagen.

Die EU will nun die Schutzfrist auf 70 Jahre ausdehnen; die ursprünglich vorgesehene Verlängerung auf 95 Jahre hat das EU-Parlament allerdings abgelehnt. Teil der Neuregelung ist eine 20%-Beteiligung für Studiomusiker an allen Erträge in dieser Zeitspanne, auch aus dem Internet-Vertrieb. Kommentatoren wie der deutsche Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, halten dies für einen großen Erfolg: Gerade weniger bekannte Künstler und Studiomusiker seien im Alter auf diese Erträge angewiesen.

Scharfe Kritik an der Neuregelung ist aber nicht ausgeblieben: Der soziale Effekt sei nur vorgeschoben, die tatsächlichen Erträge etwa für Studiomusiker ausgesprochen gering (maximal bis etwa 50 Euro pro Jahr). Die Neuregelung sei deshalb in erster Linie ein Lobbyismuserfolg der Tonträgerindustrie, die jetzt ihre Rechte noch länger und besser auswerten könne.

Ob diese scharfe Kritik wirklich angemessen ist, muss sich allerdings erst noch zeigen: Die Tonträgerhersteller lassen sich in vielen Fällen auch von Textern und Komponisten Rechte einräumen, die dann als Urheberrechte deutlich länger wirken als die Leistungsschutzrechte, nämlich bis 70 Jahre nach dem Tod der Autoren. Deshalb sind Zweifel angebracht, ob die Tonträgerindustrie in wirklich vielen Fällen auf die Verlängerung der Schutzfristen im Leistungsschutz angewiesen ist. Ungeachtet der Diskussion dürfte die Neuregelung bald in der EU verabschiedet und dann auch in Deutschland rechtsverbindlich umgesetzt werden.